Was uns niemand über zwischenmenschliche Kommunikation beibringt, aber alle wissen sollten
Wir können nicht nicht kommunizieren, sagte Paul Watzlawick einst. Selbst wenn wir komplettes Desinteresse signalisieren, tun wir genau das – kommunizieren.
Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass ein Großteil unserer Herausforderungen im Alltag – beruflich wie privat – durch gute Kommunikation gelöst werden kann.
In diesem Beitrag geht es daher um Regeln, die Deine zwischenmenschliche Kommunikation sofort verbessern werden. Wir starten mit etwas Theorie, werden dann aber praxisorientierter. Versprochen!
Vier Arten der Kommunikation
Grundsätzlich unterscheiden wir vier Arten der Kommunikation: verbal, nonverbal, visuell und schriftlich
[ARTEN DER KOMMUNIKATION]
Die 4 Arten der zwischenmenschlichen Kommunikation im Überblick
In diesem Beitrag konzentrieren wir uns vor allem auf die verbale Kommunikation, denn sie ist das zentrale Medium in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Außerdem ist sie das, was uns am häufigsten begegnet:
Im Job, in Beziehungen, bei Vorträgen oder beim Abendessen mit Freund:innen. Natürlich spielen Gestik und Mimik eine Rolle, deshalb wagen wir an der einen oder anderen Stelle auch einen Ausflug in die nonverbale Welt.
Die vier Seiten einer Nachricht
Nach Friedemann Schulz von Thun enthält jede Nachricht vier Ebenen: den Sachinhalt, die Selbstoffenbarung, den Beziehungshinweis und den Appell.
Zwischenmenschliche Kommunikation scheitert oft daran, dass Senderin und Empfänger unterschiedliche Seiten stärker gewichten. Wenn ich sage: „Es zieht hier“, kann das heißen:
Appell: „Mach bitte das Fenster zu“
Selbstoffenbarung: „Ich friere“
Beziehungshinweis: „Du bist rücksichtslos“
Sachebene: “Es zieht hier.”
Problematisch wird es, wenn die Nachricht anders verstanden wird, als sie gemeint ist. Manchmal hilft es, exemplarisch die vier Seiten durch zu deklinieren und sich zu fragen, was das Gegenüber wirklich meinen könnte.
Wer die vier Seiten kennt, kommuniziert bewusster – und hört differenzierter hin.
Die richtige Einstellung
Achtung, jetzt kommt ein schönes Zitat, das ich mal in einem Vortrag gehört habe.
[ZITAT: Jeder Mensch auf dieser Welt weiß etwas, das wir nicht wissen.]
Das finde ich motivierend und nehme mir häufig vor, genau das herauszufinden. Im Taxi, in der Bahn oder beim Networking.
Diese Haltung verbessert unsere zwischenmenschliche Kommunikation nachhaltig. Denn sie zeigt Respekt und echtes Interesse. Und das spüren unsere Gesprächspartner:innen sofort.
Gegenüber zu Wort kommen lassen
Wir reden gerne über uns selbst. Es besteht sogar ein Zusammenhang zwischen unserem Redeanteil und der wahrgenommenen Qualität eines Gesprächs. Studien zeigen, dass Menschen Gespräche als besonders angenehm empfinden, wenn sie selbst viel gesprochen haben.
Je höher der Redeanteil, desto höher die Zufriedenheit mit einem Gespräch
Das können wir nutzen, indem wir bewusst Raum geben. Weniger Monolog, mehr Dialog. Gerade als Moderator:in oder in der Führung lohnt es sich, anderen die Bühne zu überlassen. Dein Gegenüber wird diese Art der Gesprächsführung zu schätzen wissen.
Aktives Zuhören
Echtes Zuhören heißt: nicht darauf warten, selbst wieder etwas sagen zu können, sondern sich voll auf das Gegenüber zu konzentrieren.
Gespiegelte Körpersprache, interessierte Rückfragen und die Zusammenfassung von Gehörtem zeigen echtes Interesse. Das schafft Vertrauen. Aktives Zuhören ist ein Training. Aber eines, das sich lohnt. Wer es beherrscht, verbessert seine zwischenmenschliche Kommunikation sofort.
Damit das aktive Zuhören noch mehr Spaß macht, habe ich einen Beitrag darüber geschrieben, worauf es beim Fragen stellen wirklich ankommt.
Offene Fragen stellen
Fragen sind mächtig. Das sage ich nicht nur als Moderator, sondern als Mensch. Mit offenen Fragen geben wir Gesprächspartner:innen die Möglichkeit, sich zu entfalten.
Dabei zeichnet eine offene Frage aus, dass sie keine Antwort vorgibt. So kann unser Gegenüber das sagen, was ihm bzw. Ihr dazu einfällt.
Statt: „War alles gut?“ Lieber: „Was war Dein Highlight heute?“ Oder: „Wie hast Du Dich dabei gefühlt?“ So kommen wir tiefer, erhalten wertvolle Antworten – und zeigen echtes Interesse.
Bei der Moderation von Gesprächen stelle ich bewusst offene Fragen
Smalltalk kann Tiefe haben
Früher dachte ich immer, ich könne keinen Smalltalk. Banalitäten finde ich, nun ja, banal. Aber wir können auch eine lockere Unterhaltung über wichtige Themen führen.
Statt über das Wetter zu reden, könnten wir fragen: „Was hat Dich heute zum Lächeln gebracht?“ oder „Womit verbringst Du gern Deine Zeit?“.
Smalltalk kann der Einstieg in echte Gespräche sein.
Gemeinsamkeiten verbinden
Wir halten uns zwar häufig für sehr individuell, aber oft sind wir gar nicht so unterschiedlich.
Gemeinsamkeiten verbinden uns. Das können Hobbies, gemeinsame Erlebnisse oder sogar geteilte Werte sein. Letztere sind zugegebenermaßen gar nicht so einfach zu identifizieren.
Wenn wir allerdings Gemeinsamkeiten herausstellen, bringen wir unsere zwischenmenschliche Kommunikation sofort aufs nächste Level. Eine gute Möglichkeit, Gemeinsamkeiten zu entdecken, ist das bewusste Zuhören und Fragen nach persönlichen Geschichten oder Erfahrungen.
Die Tatsache, dass wir zu einer bestimmten Zeit an ein und demselben Ort sind, ist schon ein Zeichen für eine Gemeinsamkeit. Wir hätten ja auch woanders sein können, oder?
Lächeln nicht vergessen
Das Lächeln ist zwar nonverbal, aber unglaublich mächtig. Nicht umsonst sagt man ihm nach, dass es kostenlos und ansteckend zugleich ist.
Bei dieser Keynote hatte ich sichtlich gute Laune. Das wirkt sich auf die zwischenmenschliche Kommunikation aus
Mit einem Lächeln ist vieles einfacher. Die nächste Präsentation, aber auch das Kennenlernen einer neuen Person. Ein echtes, authentisches Lächeln öffnet Türen – und Herzen. Wusstest Du, dass ein Lächeln zudem Auswirkungen auf unsere Stimme hat?
Wertfreie Sprache für zwischenmenschliche Kommunikation
Manche sprechen hier auch von gewaltfreier Kommunikation.
Eine einfache Regel, die aus dem Feedbackgeben stammt, kann hier helfen: Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch.
Statt zu sagen: „Du bist immer so unaufmerksam!“, lieber:
„Ich habe gemerkt, dass Du während des Gesprächs oft aufs Handy geschaut hast. Ich hatte das Gefühl, nicht ganz gehört zu werden. Ich würde mir wünschen, dass wir uns beim nächsten Mal mehr Zeit füreinander nehmen.“
[WWW-REGEL]
Die WWW-Regel für zwischenmenschliche Kommunikation auf einen Blick
Ich-Botschaften in der zwischenmenschlichen Kommunikation
Auch hier nochmal ein Beispiel.
Statt: „Du machst mich wahnsinnig!“ lieber:
„Ich merke, dass ich unruhig werde, wenn…“
Das wirkt weniger konfrontativ, öffnet den Dialog und verhindert Eskalation. Gerade im Privatleben eine simple, aber mächtige Technik. Sie zeigt Verantwortung für die eigenen Gefühle – und fördert empathische Reaktionen.
Weitere Informationen zur gewaltfreien Kommunikation findest Du hier.
Pausen zulassen
Viele Gespräche leiden unter dem Zwang zur Dauerbeschallung.
Wer Pausen aushalten kann, gibt dem Gespräch Raum. Dieser kann genutzt werden für Tiefe, Reflexion und manchmal sogar für überraschende Wendungen. Das ist besonders in heiklen oder emotionalen Gesprächen Gold wert.
Zugegeben, Pausen sind echt schwer. Das ist bei Präsentationen wie bei der zwischenmenschlichen Kommunikation so.
Bedürfnisse abfragen
Ich habe neulich eine schöne Regel kennengelernt. Wenn jemand mit einem Problem zu Dir kommt, merke Dir die drei Hs (aus dem Englischen).
[3 Hs]
Diese Regel verbessert die zwischenmenschliche Kommunikation sofort
Zu Deutsch: Möchtest Du gehört, umarmt oder unterstützt werden?
Diese Frage verändert Gesprächsdynamiken sofort. Sie zeigt Empathie – und bewahrt uns davor, ungefragt Ratschläge zu geben. Darin bin ich leider auch Profi, weil ich immer direkt eine Lösung finden möchte.
Kommunikation ist Kultur
Ein Aspekt, der selten besprochen wird: Zwischenmenschliche Kommunikation ist immer auch kulturell geprägt.
Was in Hamburg als höflich gilt, kann in Rom als distanziert empfunden werden. Wer regelmäßig mit Menschen unterschiedlicher Hintergründe arbeitet, sollte sensibel für solche Unterschiede sein. Auch das ist eine Form von Empathie und Respekt – und essenziell für gelingende Kommunikation.
Fazit: Zwischenmenschliche Kommunikation als Superkraft
Wenn wir ehrlich sind, dann scheitert der Großteil unserer Probleme im Alltag nicht an Fachlichkeit, sondern an Kommunikation.
Oder besser gesagt: an fehlender oder schlechter zwischenmenschlicher Kommunikation. Die gute Nachricht: Wir können sie lernen. Schritt für Schritt. Mit Neugier, Zuhören, Klarheit, Haltung und ein bisschen Mut.
Und wenn das alle täten? Dann würden viele Missverständnisse verschwinden, Beziehungen wachsen und Teams besser zusammenarbeiten. Klingt utopisch? Vielleicht. Aber auch sehr erstrebenswert.
Wie wäre es, wenn Du beim nächsten Gespräch einfach mal eine offene Frage stellst – und dann wirklich zuhörst?