Daran erkennst Du gute Fragen in jeder Lebenslage

Auf dieser Webseite steht der Spruch „Fragen ist Silber, zuhören ist Gold“. Zugegebenermaßen habe ich eine andere Redewendung dafür etwas für meine Bedürfnisse angepasst.

Wir beschäftigen uns in diesem Beitrag mit dem ersten Teil des Sprichworts: Dem Fragen. Zuerst geht es um die Wichtigkeit guter Fragen, bevor wir uns anschauen, wie wir es schaffen, bessere Fragen zu stellen. Am Ende des Beitrags verrate ich Dir, anhand welcher Reaktionen beim Gegenüber Du gute Fragen erkennst.

Mit diesem Beitrag löse ich ein Versprechen aus einem kürzlich veröffentlichten Podcast-Interview ein.

Warum sind gute Fragen wichtig?

Normalerweise nutze ich selten Fragen in meinen Zwischenüberschriften. Heute konnte ich es mir aber nicht nehmen lassen 😊.

Einsteigen möchte ich heute mit einem Zitat. Es stammt aus einem der Bücher, die ich am liebsten empfehle. How to Win Friends and Influence People (Affiliate) ist schon fast 90 Jahre alt. Viele Botschaften treffen auch heute noch zu. Zum Beispiel diese hier:

„Stellen Sie Fragen, die Ihr Gegenüber gern beantwortet!“ – Dale Carnegie (1936).

Wer beantwortet nicht gerne Fragen über Themen, die uns begeistern. Das kann eine berufliche Leidenschaft, ein Hobby oder aber auch Fragen über den eigenen Werdegang sein.

Dieser Tipp wurde seit der ersten Veröffentlichung des Klassikers auf verschiedenste Arten und Weisen wissenschaftlich untersucht. Dabei haben Forschende herausgefunden, dass Menschen Gespräche positiver wahrnehmen, je höher der eigene Gesprächsanteil ist. Klingt ganz schön narzisstisch, oder?

Gute Fragen_Zusammenhang Redeanteil und Zufriedenheit

Gute Fragen sind wichtig - Zusammenhang Redeanteil und Gespräch

Was ist die Voraussetzung für gute Fragen?

Gute Fragen sind zwar auch ohne diese Voraussetzung möglich, aber ungleich schwieriger. Es geht um echtes Interesse.

Wann hast Du das letzte Mal mit wirklichem Interesse eine Frage gestellt? Kinder tun das jeden Tag und rund um die Uhr. Weil sie sich für die Welt begeistern können. Ich finde das beneidenswert.

Vom Gefühl her nimmt diese Begeisterung für die eigene Umwelt im Laufe des Lebens bei vielen ab. Deshalb formuliere ich die Voraussetzung etwas um.

Du musst keine bedingungslose Begeisterung für  Deine gesamte Umwelt haben. Es reicht, wenn Dich die Antwort der gestellten Frage wirklich interessiert. Das ist aus meiner Sicht die beste Voraussetzung für eine gute Unterhaltung – auf der Bühne oder im kleinen Kreis.

Was sind offene Fragen?

Das war zum Beispiel eine. Bei einer offenen Frage sind die Antwortmöglichkeiten nicht vorgegeben, sondern im wahrsten Sinne des Wortes offen. Im Gegensatz dazu bieten geschlossene Fragen wenig Spielraum für eine Antwort.

Eine geschlossene Frage ist zum Beispiel:

Weißt Du, was offene Fragen sind?

Diese Frage gibt implizit „ja“ und „nein“ als Antwortmöglichkeiten vor. Sehr vorausschauende Personen, würden vermutlich nicht nur mit „ja“ antworten, sondern auch die Definition nachliefern. Deshalb ist die Frage aber trotzdem noch nicht gut.

In den meisten Fällen – gerade in Unterhaltungen – gilt, dass offene Fragen tendenziell besser sind als geschlossene. Hierzu kannst Du Dich einer Vielzahl an Frageworten bedienen, auf die in den meisten Fällen offene Fragen folgen.

Gute Fragen: Beispiel für Frageworte

Gute Fragen: Beispiel für Fragewörtern

In einigen Fällen bieten sich auch geschlossene Fragen an. Zum Beispiel, wenn die Zeit knapp ist, oder als Ergebnis eine provokante Aussage gewünscht ist.

Welche weiteren Fragearten gibt es?

Es gibt viele Arten von guten Fragen. Beziehungsweise viele Arten von Fragen, bei denen Du Dich bedienen kannst. Einige solltest Du aber auch vermeiden. Hier zwei Beispiele.

Bei der Suggestivfrage gibst Du die Antwort gleich mit. Du hoffst lediglich auf eine Bestätigung Deiner Aussage. Zum Beispiel: „Wir essen doch heute Spaghetti, oder?“. Je nach Harmoniebedürfnis oder Konfrontationsbereitschaft des Gegenübers werden Suggestivfragen tendenziell eher bestätigt.

Das führt dazu, dass Personen manchmal Dinge sagen, die sie bei offenen Fragen nicht gesagt hätten. Als offen gestellte Frage würden wir sagen: „Was essen wir heute?“. Die Antwort kann in dem Fall auch „Spaghetti“ lauten, muss sie aber nicht.

Beim Ziel, gute Fragen zu stellen, würde ich an Deiner Stelle einen großen Bogen um Suggestivfragen machen. Anders ist es bei systemischen Fragen.

Diese sollen explizit zum Nachdenken und zur Selbstreflexion anregen und sind dabei für mich erstmal selbstlos. Es geht der Person, die fragt, nämlich nicht darum, Informationen herauszubekommen, sondern dem Gegenüber zu helfen.

Besonders auffallen bei systemischen Fragen ist die Wertfreiheit. Die Person, die fragt, nimmt dabei jegliche Bewertung heraus. Zum Beispiel: „Was würden Deine Kinder / Freund:innen oder Kolleg:innen sagen?“.

Diese konkrete, sehr gute Frage lädt zur Perspektivübernahme ein.

Ein weiteres Beispiel für systemische Fragen sind Skalierungsfragen. Diese sind von Natur aus zwar geschlossen, können aber trotzdem einen großen Effekt haben. Hierbei wird zum Beispiel für die Frage nach dem eigenen Wohlergehen die Skala von eins bis zehn herangezogen.

Da wir auf die Frage „Wie geht es Dir?“ häufig mit „gut“ antworten, schafft die Skalierungsfrage Raum für Nachfragen. Zum Beispiel „Was fehlt Dir zu einer 10?“.

Welche Rolle spielen Nachfragen?

Eine große! Im Vorfeld einer Moderation stimme ich mögliche Leitfragen bei Interviews oder Diskussionsrunden mit den Personen ab, die mit mir die Bühne teilen. Diese – ebenfalls guten Fragen – dienen als Leitfaden für die Unterhaltung.

Ich sage dabei explizit, dass meine Fragen sich an den jeweiligen Antworten orientieren. Im Laufe des Gesprächs werden meine Fragen deshalb immer konkreter, um tiefer in ein Themengebiet einzusteigen – bis wir das nächste Thema ansprechen.

Dadurch kann ich dem Publikum eine gewisse Tiefe bieten und mein Gegenüber auf angenehme Art und Weise inhaltlich herausfordern. Nachfragen sind deshalb aus meiner Sicht in den meisten Fällen besser als neue Fragen.

Sollten Fragen erklärt werden?

Ja und nein. Inhaltlich sollte eine Frage für sich selbst sprechen. Das ist wie mit einem Witz. Wenn dieser erklärt werden muss, verliert er an Wirkung. Und bei der Erklärung lacht in der Regel niemand.

Wenn ich gute Fragen erkläre, teile ich meine Gedanken. Ich begründe, warum ich jetzt gerade diese Frage stelle. Das schafft Nachvollziehbarkeit fürs Gegenüber und ein mögliches Publikum. Es entschuldigt auch, wenn die Frage objektiv betrachtet, unsensibel sein könnte.

Auf Bühnen muss ich mein Gegenüber häufig nach Investitionsvolumen, erzielten Umsätzen oder Gewinnen oder anderen (strategischen) Geschäftsgeheimnissen fragen. Ich muss das tun, weil das Publikum es erwartet. Tue ich das nicht, könnte man mir vorwerfen, ich hätte nicht gut moderiert.

Deshalb schiebe ich bei vermeintlich sensiblen Fragen den Grund vor, warum ich die Frage so formuliere.

Was kann ich von der Reaktion lernen?

Du kannst erkennen, ob Du gute Fragen gestellt hast, indem Du Dein Gegenüber beobachtest. Im letzten Abschnitt dieses Beitrags teile ich drei Reaktionen mit Dir, anhand derer Du eine gute Frage erkennst.

  1. Wiederholung der Frage: Das haben wir schon in der Schule gemacht, wenn wir die Antwort nicht sofort kannten. Eine Wiederholung der guten Frage gibt uns Zeit, um über eine Antwort nachzudenken.

  2. Mimik: Wenn Dein Gegenüber sich sichtlich über eine Frage freut, kannst Du Dir sicher sein, dass Du etwas Gutes gefragt hast. Auch andere Reaktionen im Gesicht deuten auf gute Fragen hin. Zum Beispiel Verwunderung oder Überraschung.

  3. „Das ist eine gute Frage!“: Manchmal sagt Dir Dein Gegenüber auch einfach, dass Du eine gute Frage gestellt hast. Das nehme ich als Moderator als Kompliment.  

Gute Fragen dürfen Spaß machen

Gute Fragen dürfen Spaß machen (Foto: Grießenböck)

Was lernen wir daraus?

Eingangs habe ich Dich gefragt, wann Du zuletzt aus echtem Interesse etwas gefragt hast. Viel wichtiger ist allerdings, wann Du es wieder tust.

Ich hoffe, dass ich Dich mit diesem Beitrag zum Nachdenken anregen konnte und bin gespannt, wann Du etwas hieraus im echten Leben anwendest. Die Möglichkeiten sind aus meiner Sicht endlos, denn gute Fragen brauchen wir sowohl im Job als auch im Privatleben ständig.

Echt gute Fragen hat mir auch Annika in ihrem Podcast gestellt. Klicke auf den Button, um reinzuhören.

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